Die Nutzung bildgenerierender KI-Systeme wie Midjourney oder DALL-E eröffnet neue Wege in der didaktischen Arbeit mit Vorstellungen und impliziten Annahmen. Die hier vorgestellte PRIMM-Methode nutzt die Fähigkeit dieser Systeme, aus textuellen Beschreibungen Bilder zu generieren, um einen strukturierten Reflexions- und Lernprozess zu ermöglichen.
Kern der Methode ist die Externalisierung mentaler Modelle durch die Übersetzung innerer Bilder in Prompt-Sprache und deren anschließende Visualisierung durch KI. Dieser Prozess macht bislang verborgene Vorstellungen sichtbar und damit diskutierbar.
Das Beispiel der studentischen Zukunftsvorstellungen von KI im Bildungskontext verdeutlicht dies eindrücklich: In den generierten Bildern spiegeln sich häufig traditionelle Bildungsvorstellungen wider – etwa durch die Darstellung frontaler Unterrichtssituationen oder reihenmäßiger Sitzordnungen. Diese Visualisierungen offenbaren implizite Annahmen über Lehren und Lernen, die in klassischen Reflexionsprozessen möglicherweise verborgen geblieben wären.
Die Methode folgt einem strukturierten Ablauf: Zunächst formulieren die Teilnehmenden ihre Vorstellungen in Form eines Prompts. Das daraus resultierende Bild-Ergebnis wird anschließend analysiert, wobei besonders auf Diskrepanzen zwischen intendierter und tatsächlicher Darstellung geachtet wird. In der folgenden Reflexionsphase wird untersucht, welche Elemente der eigenen Vorstellung entsprechen und welche davon abweichen. Diese Analyse führt zu einer Überarbeitung des ursprünglichen Prompts, wodurch ein iterativer Prozess der Vorstellungsschärfung entsteht.
In der Lehrkräftebildung erweist sich die Methode bspw. als wertvoll, um sie zur Reflexion über Vorstellung zu Lehr-Lern-Prozessen einzusetzen. Sie kann aber auch in der Organisationsentwicklung zur Visualisierung von Zukunftsbildern oder in der Konzeptentwicklung verschiedener Fachbereiche eingesetzt werden. Der Prozess ermöglicht dabei nicht nur individuelle Reflexion, sondern kann durch den Vergleich und die Diskussion der generierten Bilder in der Gruppe zusätzliche Reflexionsebenen eröffnen.
Dabei ist zu beachten, dass die KI-Systeme gesellschaftliche Stereotype reproduzieren können und technischen Limitationen unterliegen. Gerade diese Beschränkungen können jedoch produktiv genutzt werden, indem die „Interpretation“ der Prompts durch die KI kritisch hinterfragt wird. Warum generiert das System bestimmte Elemente auf eine spezifische Weise? Welche impliziten Annahmen liegen der Darstellung zugrunde?
Die PRIMM-Methode ermöglicht so einen niedrigschwelligen Zugang zur Arbeit mit mentalen Modellen und schafft gleichzeitig Anlässe für tiefgehende Reflexion über eigene Vorstellungen und deren gesellschaftliche Einbettung. Die schnelle Visualisierung durch KI-Systeme macht dabei komplexe Vorstellungswelten greifbar und diskutierbar, ohne dass künstlerische oder technische Vorkenntnisse erforderlich sind.